Klingt gut… so lange damit nicht die Züge gemeint sind, die auf Schienen rollen. Wer genießt es nicht, im ICE eine Zweierreihe für sich alleine zu haben oder im Regionalexpress in einer Vierergruppe die Beine ausstrecken zu können? Wer möchte schon gerne in S-Bahn, U-Bahn oder Bus stehen?

Müssten Deutsche Bahn AG und Verkehrsverbünde nicht wissen, welche Fahrzeuge wann voll und wann nur schwach besetzt sind? Steuert die DB nicht die Auslastung seit 2002 sogar über ihre Sparpreise? Gibt es in den Verbünden nicht auch oft Preisnachlässe, wenn man außerhalb der Hochlastzeiten fährt?

Nehmen wir also mal an, die Betreiber würden die Auslastung ihrer Fahrzeuge kennen. In Echtzeit die aktuelle Auslastung und aus Statistiken die erwartete Auslastung, die oft Wochentagsmustern folgt. Läge es dann nicht nahe, die erwartete Auslastung bei der Fahrplanauskunft zu berücksichtigen? Nein, es ist nicht die Warnung der DB bei manchen Verbindungen gemeint, doch besser (kostenpflichtig) zu reservieren, weil eine hohe Auslastung möglich sein könnte. Vielmehr ist gemeint, dass man die erwartete Auslastung bereits bei der Suche nach Verbindungen berücksichtigt und so Alternativen zu Verbindungen mit erwartet hoher Auslastung ausweist. Das könnte  dazu führen, dass Kunden auch ohne Preisnachlässe auf weniger ausgelastete Verbindungen ausweichen, weil sie das Reisen in vollen Zügen vermeiden wollen. Für die Betreiber würde sich eine gleichmäßigere Auslastung ohne Preiszugeständnisse bei vermutlich zufriedeneren Kunden ergeben.

Klingt doch nach “sollten wir sofort machen”. Lassen wir mal das Problem beiseite, dass die Betreiber nun doch nicht so genau wissen, wie ausgelastet ihre Fahrzeuge auf welchen Teilstrecken und zu welchen Zeiten sind. Das könnte man z. B. über Crowd Sourcing (Kunde gibt Feedback über sein Smartphone) hinbekommen, einige Verbünde praktizieren solche Ansätze bereits. Auch die Bahn erlaubt jetzt Feedback über den DB Navigator und in den ICEs über QR-Codes an den Sitzen.

Bleibt “nur” noch das Problem, das man Algorithmen braucht, die auch Kriterien wie die Auslastung bei der Ermittlungen von Verbindungen berücksichtigen. Dazu müssten die Algorithmen schon im Grundansatz multi-kriteriell ausgelegt sein. Und die heute bei DB und den Verbünden eingesetzten Algorithmen sind dies schlicht nicht. Sie stammen aus den späten 80er Jahren und es war eine großartige Leistung, auf der damals verfügbaren Hardware überhaupt Fahrplanauskunft hinsichtlich der Fahrzeit optimieren zu können. Aber die Hardware stellt heute nun wirklich keinen Engpass mehr dar und auch die Kosten sind in den letzten 30 Jahren massiv gesunken und heute vergleichsweise bedeutungslos. Also sollte man doch eigentlich erwarten, dass nun auch die Software bzw. die darin angewandte Algorithmik in die nächste Generation übergeht. Und die Unterstützung von Multi-Kritikalität sollte dann definitiv dazu gehören.

Werbung in eigener Sache: schon die allererste Version von MOTIS wurde multi-kriteriell ausgelegt und ging 2002 in den Praxiseinsatz. Damals waren Hardwarekosten bzw. die Servicekosten einer Serverfarm noch ein wichtiges Kriterium und eine bessere Auskunftsqualität gibt es nun mal nicht umsonst. Auf deutsch: MOTIS braucht deutlich längere Rechenzeit als die marktbeherrschenden Systeme. Kaufmännisch betrachtet dürfte das inzwischen aber irrelevant geworden sein, weil eine bessere Auskunftsqualität auch höhere Kundenzufriedenheit und Mehreinnahmen bedeutet und man diese ohne teure Ausweitung des Verkehrsangebots erzielen kann.